Peter Nennstiel
Zeitzeuge der Nachkriegsjahre
Seite 8
Im darauf folgenden Frühjahr, begannen im Iran Volksunruhen von bisher nicht gekannter Heftigkeit gegen den Schah. Düstere Bilanz der Ära Pahlevi seit den fünfziger Jahren: Teheran war von einer Million auf ca. 5Millionen
gewachsen, viele der Zuwanderer vegetierten in Slums. Schah Mohammed Reza Pahlevi verlässt am 16. Januar 1979 den Iran. Das Ende der Dynastie Pahlevi. Khomeini kehrt am 1 Februar in den Iran zurück. Nach einer Volksabstimmung wird im März die Islamische Volksrepublik ausgerufen.
Diese Episode in der Persischen Geschichte habe ich hautnah miterlebt.
Meine Einschätzung ist vielleicht populistisch und aus dem Bauch heraus, aber meiner Meinung nach wollte der Schah nur das beste für sein Land. Ein Beispiel war die sogenannte weiße Revolution: Sie beinhaltete Programme zur Landreform, Verstaatlichung der Wälder, Verkauf an
Privatunternehmer, Gewinnbeteiligung für Industriearbeiter, eine Erweiterung des Frauenwahlrechts und ein Programm zur Bekämpfung der Analphabetenrate in den ländlichen Provinzen. Die Landwirtschaft sollte reformiert werden, alleine durch den Bau der Kernkraftwerke wäre die ganze Provinz Bushehr mit Strom versorgt worden. Das Wirtschaftswachstum stieg langsam aber sicher. Der große Fehler der Schah Regierung war der, dass sie das Volk nicht erreichten.
Fam. Nennstiel - Shiras Gebirge
Täglich wurde in den Medien der Fortschritt propagandiert, nur leider hatten große Teile der Bevölkerung noch kein Fernsehen und auch kein Radio. Die Zeitungen wurden zum einpacken benutzt, lesen und schreiben konnten bei weitem nicht alle. Aber als gläubige Schiiten ging die Bevölkerung mindesten einmal wöchentlich Freitags in die Moschee. Da war jemand den sie verstanden und der mit ihnen sprach. Leider gegen den Schah. Leider machte der Schah den großen Fehler, das er sich mit den Teheraner Händlern (Basari) anlegte. Die Verbündeten sich mit der Geistlichkeit und das war der Anfang vom Ende. Die sogenannten Wächter der Revolution, die Pasderan übernahmen die Macht im Iran. 1979 erklärte Ayatollah Khomeini das Atomprogramm für unvereinbar mit dem Islam. Daraufhin stoppte die provisorische Regierung Bazargans den Bau der zwei Atomreaktoren, die von Siemens in der iranischen Hafenstadt Bushehr am Persischen Golf bereits zur Hälfte fertig gestellt waren. Wir mussten unsere Arbeit einstellen, blieben aber als Notbesatzung noch vor Ort. Die Arge hatte die Hoffnung auf einen Weiterbau noch nicht aufgegeben.
Wir Deutsche waren im Iran gut angesehen und beliebt. Die Situation während den Unruhen und beim Umsturz war mehr als gefährlich, aber uns ist nie ein Haar gekrümmt worden. Die Iraner waren wie immer sehr freundlich und ganz besonders gastfreundlich. Der von der Geistlichkeit geschürte Hass galt den Amerikanern. Leider wurden die Revolutionstruppen (Pasderan) mit modernen Waffen aus den Schah Beständen ausgerüstet. Im Anfang klappte es mit der Handhabung überhaupt nicht, entweder konnten sie gar nicht schießen, weil die Sicherungen nicht umgelegt waren, oder sie schossen sich gegenseitig in die Füße. Neben unserem Camp befand sich eine Gendarmerie Kaserne. Die Polizisten waren früh genug mit Schiffen über den Golf nach Kuwait geflüchtet. In den folgenden Tagen wurde die Kaserne drei mal von den Pasderan gestürmt. Wilde Feuergefechte begannen leider haben sie sich gegenseitig erschossen. Zur Ehrenrettung muss ich sagen: Die Pasderan trugen keine Uniformen und eine wild gewordene Horde in Räuberzivil zu unterscheiden ist schwer.
Die allgemeine Lage in der Provinz Fars. wurde leider immer schlechter. An eine Wideraufnahme der Bauarbeiten war nicht mehr zu denken. Die Arbeitsgemeinschaft (Arge) entschloss sich, wohl auch auf Druck der Teheraner Regierung uns verbleibende Deutsche in die Heimat aus zu fliegen. Wir durften im wahrsten Sinne des Wortes als letzte das Licht ausmachen. Unsere letzte Aufgabe war das abschalten der riesigen Pumpen im erst teilweise fertiggestellten Kühlwassertunnel. Dann ging es im Bus nach Shiraz und von dort mit einer Lufthansa Chartermaschine nach Frankfurt. 28 Jahre später wurde einer der geplanten Reaktoren von einer Russischen Firma fertiggebaut.
Wieder zurück in der Heimat merkte ich rasch, dass die Zeiten des Wirtschaftswunder entgültig vorbei waren. Nach längerem hin und her und diversen Bewerbungen klappte es Mitte 1980 dann doch. Ich bekam bei einer Tochtergesellschaft der "Strabag" einen Job als Schiffsführer auf einer Hubinsel. Unter Hubinsel konnte ich mir wenig vorstellen. Beim Vorstellungsgespräch habe ich das aber höflich verschwiegen. Eine Hubinsel besteht aus einem U förmigen Ponton mit auf jeder Ecke zwei riesig langen Pfählen (Beine) Acht insgesamt., an denen die Insel mittels eines kompliziertem Pressluft und Hydraulik Sytemes hoch gefahren wird. Soweit das Wellen und stürmische See unter der Insel durchlaufen. Sobald die benötigte Höhe erreicht wurde, stand die Hubinsel (Jack up Barge) ruhig und sicher auf ihren acht Beinen. An Bord befanden sich Wohncontainer, ein 100 t. amerikanischer Manitowok Kran, sowie alles was zum Bohren, Rammen und Einspülen benötigt wird.
Schiffsname Hubinsel 6 Typ Arbeitshubinsel BauNr. 531075 Reederei Hubinsel GmbH Ablieferung 1978 Stahlbau
1960-1986 Howaldswerke Deutsche Werft.
Hubinsel
Schwimmfähige Arbeitsplattform, die auf die benötigte Position geschleppt wird. Dort werden ihre Beine (Rohre oder Gitterkonstruktionen) bis auf den Meeresgrund ausgefahren. An diesen wird sie mit Hilfe von Klettereinrichtungen bis oberhalb des Wellenangriffs über den Wasserspiegel angehoben. Hubinsel, Hubplattform, schwimmfähige Bohrplattform in der Offshoretechnik; dient z. B. für die Gas- und Erdölbohrung vor der Küste. Die Hubinsel besitzt verstellbare Stützen, die beim Bohren auf den Meeresgrund abgesenkt werden. 1978 Hubinsel 6 Arbeitshubinsel Hubinsel GmbH.
Video über den Bau einer Phosphat Verlade Anlage. Spanische Sahara
Mein erster Job war in der Nähe von Inverness/Schottland im Cromarty Firth Invergorden Nigg Bay. Im Cromarty Firth werden die größten Bohrinseln der Welt gebaut unf repariert. Die Werft Brown & Roots Haliburton hatte
sie wie Perlen an einer Kette im Firth aufgereiht. Unsere Aufgabe war der Bau einer Tanker Löschanlage in Nigg Bay. Durch die Werft Aktivitäten war der Diesel Verbrauch in der Gegend enorm gestiegen. Immer noch ist mir die unheimliche Lärmkulisse in Erinnerung besonders in der Nacht, war die Bucht ein atemberaubender Anblick. Hell erleuchtet von hunderten Scheinwerfern, umrahmt von diversen Schleppern, angereichert von Kommandofetzen die mittels Lautsprecher über die Bucht schallten, wenn eine der riesigen Ölplattformen in die Nordsee hinaus gezogen wurde. Auch unsere Rammarbeiten in Tag und Nacht Schichten. an den großen Stützpfeiler der Pier, erhöhten den Lärm um ein beträchtliches.
Schon bald war unser Auftrag beendet, das Rammen ging ohne Probleme. Für unsere 20.000 DM. Tagescharter hatten wir gute Arbeit geleistet. Ein neuer Auftrag war noch nicht in Sicht. Die Bugsier Schlepper "Hermes" und "Bugsier 7" waren bestellt und sollten uns erst mal nach Bremerhaven schleppen. Wir brauchten fünf Tage im pottendicken Nebel. Durch die Nordschleuse in das Wendebecken. Dort auf der Nordseite einfach die Beine in den Grund, Gangway an Land. Rein ins Auto und erst mal nach Hause. Immer zwei Mann blieben an Bord, als Wache.
Bugsier 7
Hermes
Die Aufliegezeit in Bremerhaven, war für uns Besatzungsmitglieder schön. Der Verdienst zwar etwas weniger, aber immer noch sehr gut. Nur Bushmill Albert unser Manager hatte eine anstrengende Zeit, er düste rund um den Globus auf der Jagt nach einer neuen Charter. Der Beiname Bushmill kam von seiner Vorliebe für den Irischen Bushmill Whiskey. Der Irish Whiskey schreibt sich im Gegensatz zum Scotch mit "e". Trotzdem weist er viele Parallelen zum Scotch Whisky aus Schottland auf, was auf die geographische Lage sowie das Klima zurückzuführen ist. Noch heute streiten sich diese beiden Whisk(e)y Nationen darum, in welchem der Länder der Whisk(e)y seinen Ursprung fand. Ich vermute mal das die jahrelangen Verhandlungen überall auf der Welt mit Whisky begossen wurden. Hat wahrscheinlich seine Vorliebe geprägt. Das ist nicht böse gemeint, ich kann es jetzt schreiben, den Albert wird mit Sicherheit schon gestorben sein. Er muss für die Eigner ein Juwel gewesen sein, ich habe selten einen Menschen kennen gelernt der sich so für seine Firma eingesetzt hat. Im Juli 1981 bekamen wir nach 6 Monaten Aufliegezeit einen neuen Auftrag. Die Hermes sollte uns diesmal ohne Unterstützung der Bugsier 7 zum Shannon River in Irland schleppen. In dem kleinen Ort Aughinish sollten wir die Gründungsarbeiten für eine Bauxit Verladeanlage erstellen. Auftraggeber war die amerikanische Frma Alcan, eine Tochter der Bechtel Group. Unser Bauingenieur und oberster Boss war George Wingblade ein Amerikaner. Die Zusammenarbeit war sehr gut. Das Schleppen der Hermes brachte höchstens 4 Meilen pro Stunde. Während der Schleichfahrt habe ich Makrelen ohne Ende gefangen. Einfach ca. 50 m. Angelleine mit Blinker hinterher ziehen und schwupp haben sie gebissen. Wir hatten ja kein Schraubenwasser und der Blinker wurde langsam durch das Wasser geschleppt. Ein Beispiel unserer Geschwindigkeit: Jedem Nautiker auf den modernen Schachteldampfern würden sich wohl die Nackenhaare sträuben. 18. Juli 1981 ab Bremerhaven. 20.Juli 1981 Höhe Hoek van Holland. 22.Juli 1981 Dover Süd-Ost Lane. 23. Juli 1981 Höhe Brighton. 24.Juli 1981 West Ausgang Kanal. 24.Juli 1981 Höhe Portsmouth. 28.Juli 1981 Bantry Bay. 7 Tage von Bremerhaven zum Shannon River.
Waterford Irland John Redmond Bridge
River Suir.
Ganz rechts im Bild die Hubinsel.